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Neuigkeiten und BLOG

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Hier finden Sie regelmäßig Beiträge über Gegenstände aus unseren Ausstellungen und unserer Sammlung. Durch die ausgewählten Stücke lassen wir die Geschichte(n) früherer Generationen lebendig werden. Wir erzählen Wissenswertes zu Traditionen und Bräuchen der Vergangenheit. Mit Beispielen zeitgenössischer Kunst im sakralen Raum lenken wir den Blick auch auf Gegenwart und Zukunft.

Charles Froment, Neu-Erlanger Büchsenmacher der ersten Stunde

Ein weiterer Beitrag zu den Evangelischen Migrationsgeschichte(n)...

zwei Steinschlosspistolen reich verziert

Zwei Steinschloss-Pistolen von Charles Froment mit rundem, glatten Lauf. Bayerisches Nationalmuseum

Gravur C.Froment A Erlang auf dem Lauf der Pistolen

Der Lauf ist auf dem Rücken abgeplattet und dort kann man eingraviert lesen: „C.Froment A Erlang“.

Dekorierte Kolbenkappe der Waffe mit Papst und Teufel

Die Kolbenkappe am Knauf des Schaftes der einen Waffe ist als Fixierbild so dekoriert, dass sie von der einen Seite einen Papst und auf der anderen Seite aber eine Teufelsfratze zeigen.

Kolbenklappe mit Kardinal und Narr

Auf dieser Kolbenklappe sind ein Kardinal und ein Narr zu sehen.

Mit Hochtouren wird an der großen Jahresausstellung 2023 des Museums Kirche in Franken gearbeitet. Mit der nun folgenden Biographie eines Hugenotten-Schicksals gewähren wir einen kleinen Einblick in unsere Ergebnisse zu den Evangelischen Migrationsgeschichte(n).

Charles Froment – Neu-Erlanger Büchsenmacher der ersten Stunde

Nichts lag näher für den militärisch ambitionierten und jagdbegeisterten Markgrafen Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth (1644–1712) als neben den zahlreichen begehrten Gobelin- und Strumpfmanufakturen einen hugenottischen Vertreter der Büchsenmacherkunst in sein Territorium zu holen. So kam es, dass sich im Dezember 1686 der im Jahr 1657 geborene maitre arquebusier (Büchsenmeister) Charles Froment in Erlangen niederließ.

Die französische Büchsenmacherkunst war zu dieser Zeit in Europa führend und vollzog eine zunehmende Verfeinerung. Die Heimat des Sohnes eines maitre armurier (Waffenschmied) lag in Sedan, das ein bedeutendes Zentrum der Büchsenmacher war, aber auch durch seine herausragende Textilindustrie Bekanntheit erlangte.

Das Herzogtum Sedan setzte sich aus einer Stadt und zwanzig Dörfern zusammen und lag im nordöstlichen Frankreich zwischen Maas, Belgien und Luxemburg. Es war in der Zeit der Verfolgung reformierter Christen zum Fluchtpunkt geworden und hatte viele Protestanten aufgenommen. Sein Herrscherhaus hatte sich bereits 1562 der reformierten Religion angeschlossen und 1593 einen großen temple (reformiertes Gotteshaus) errichten lassen. Erst 1642 wurde das Herzogtum an Frankreich angegliedert, der temple in eine katholische Kirche umgewandelt und die reformierte Glaubenspraxis durch Gouverneur Abraham Fabert (1599–1662) verboten. Dieser hatte schon 1627 an der konfessionspolitisch motivierten verheerenden Belagerung von La Rochelle mitgewirkt, die über 10.000 hugenottischen Bewohnern das Leben gekostet hatte.

Die erste Frau Froments, Marie Louise, verstarb bereits vor seiner Zeit im fränkischen Exil, so dass er sich 1689 in Erlangen mit der Kaufmannstochter Suzanne Pelloutier aus Lyon verheiratete. Die Wahl einer Ehepartnerin französischer Herkunft war typisch für die Hugenotten der ersten Stunde. Die Ehe brachte ihm beste familiäre Beziehungen: ihr Bruder Daniel, ein Chirurg, war seit 6. Mai 1688 ancien (Ältester) der französisch-reformierten Gemeinde in Bayreuth und als Kammerdiener des Markgrafen Christian Ernst tätig. Ein weiterer Bruder namens Issac, ein Händler, hatte die Position eines Kassier im consistoire, der französisch-reformierten Kirchenverwaltung und brachte Charles zu einem Darlehen. Einen dritten Bruder, Charles, hatte die Auswanderung bis nach „Batavia aux Indes orientales“ geführt, dem Hauptquartier der Niederländischen Ostindien-Kompanie (heute die Hauptstadt Indonesiens Jakarta).

Im Jahr 1690 erbaute sich Charles Froment in Erlangen neben dem Haus „Neustadt Nr. 1“ (= Hauptstr. 69) ein eingädiges Haus, das er später dem Schuster Etienne Baradon überließ. Schon im darauffolgenden Jahr kaufte er ein halbes Haus des marchand gantier (= Glacéhandschuhfabrikant) und Koloniemitbegründers Daniel Hugot für 365 Gulden. Schließlich wechselte Froment erneut seinen Wohnsitz und erbaute sich im Jahr 1699 das Haus Marktplatz Nr. 5 (alte Nr. 121).

Seine berufliche Tätigkeit, die Herstellung von „Gewehr auf sedanische Manier“, wie es eine Auflistung der Erlanger Manufakturen um 1697 nahelegt, erwies sich als äußerst erfolgreich. Er scheint Präzision, Fingerspitzengefühl und ein gutes Gespür für die Werkstoffe Metall und Holz gehabt zu haben, das die Herstellung von Waffen erforderte.

Am 6. Januar 1691 schloss er mit dem „Noble Philippe de la Tour“ (1645–1703), einem Kavallerieleutnant im kaiserlichen Regiment, einen Vertrag über die Herstellung und Lieferung von „400 Mousquettons et 450 paires de pistolets de 6 florin, 45 Kreuzer“. Die Gesamtauftragssumme belief sich auf 3037 Gulden 30 Kreuzer. Unterstützt wurde er bei der Abwicklung dieses großen Auftrags von Caspar Combet aus Grenoble, ebenfalls einem „Réfugié dans Erlang“, den er am 25. November 1691 für fünf Jahre als Lehrling anstellte. Indiz seines lukrativen Unternehmens ist neben seiner regen Bau- und Hauskauftätigkeit zur stetigen Vergrößerung seiner Werkstatt ein Darlehen vom 22. Januar 1705 von 250 Gulden zu 5 %, das er dem marchand manufacturier (Händler und Manufakturbetreiber) Paul Bourdos aus Bordeaux gewähren konnte.

Auch innerhalb der französisch-reformierten Gemeinde machte er sich einen Namen und trat als ancien (Ältester) und Einsammler des ständigen Almosenbeitrages der französischen Bürger in Erscheinung.

Zwei Testamente von 1713 und 1720 regelten seinen Nachlass. Er starb im Jahr 1722. Sein Sohn Pierre Froment, der am 1. April 1690 in Erlangen geboren worden war, trat in die Fußstapfen des Vaters und führte das Büchsenmacherhandwerk in der Stadt fort.

Charles Froment wird neben vielen weiteren Hugenotten- und Exulanten-Schicksalen 2023 Teil der Ausstellung sein und auch die beiden Steinschlosspistolen, welche hier zu sehen sind, werden präsentiert werden. Neugierig geworden? Dann besuchen Sie uns im nächsten Jahr im Museum Kirche in Franken!

 

Literatur:

Bischoff, Johannes, E.: Charles Froment (+ 1722) und Sohn Pierre. Zwei hugenottische Büchsenmacher in Erlangen (1686-1752), In: Blätter für Fränkische Familienkunde, 11. Bd. Heft 1 1979, S. 1-5.